Camäléon

Le journal en ligne des élèves du Lycée Franco-Allemand de Sarrebruck

Glanage urbain à Sarrebruck : Dire non on au gaspillage !

ContainernSupermärkte sortieren Lebensmittel bereits vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums aus, obwohl diese meist deutlich länger genießbar wären. Wenn im Netz mit Orangen eine zerdrückt ist, landet die ganze Packung im Müll. Einwegbecher und Pizzakartons werden achtlos entsorgt – zu Lasten der Umwelt.

In der heutigen Wegwerfgesellschaft gibt es viele Probleme, die es zu lösen gilt: Vermüllte Strände und Meere, qualvolles Verenden von Fischen und Vögeln durch Fischernetze und Plastikteile sind Alltag geworden.

Letztes Jahr konnte ein österreichisches Institut sogar Mikroplastik im Menschen nachweisen. Wir haben uns an die durch den Müll entstandenen Probleme gewöhnt und bekommen mit, welch fatale Folgen unachtsames Wegwerfen haben kann. Trotzdem handeln wir nicht, sondern kaufen weiterhin unseren Joghurt in Plastikbechern, Wurst und Käse in doppelter und dreifacher Plastikverpackung. „Irgendeiner wird sich schon kümmern.“, „Ich allein kann doch nichts daran ändern.“ Aussagen, die man immer wieder hört, wenn es um die Lösung solcher Probleme geht.

Wie kann sich etwas ändern?
Auf der Suche nach den Umweltsündern stößt man ganz schnell auf Einwegartikel. Einweggeschirr, Pizzakartons, Strohhalme und Wattestäbchen landen nur nach wenigen Minuten im nächsten Mülleimer, ohne dass wir dabei über die damit verbundenen Konsequenzen nachdenken. Die EU will zum Schutz der Umwelt dagegen vorgehen. Dazu soll ab 2021 eine Kennzeichnungspflicht für Produkte mit einem gewissen Kunststoffgehalt, wie z.B. Feuchttücher oder andere Kosmetikprodukte, eingeführt werden, um die geeignete Entsorgung zu gewährleisten. Außerdem sollen alle Gegenstände verbannt werden, für die es bessere Alternativen gibt. Dazu zählen auch Luftballonstäbe und Einmalplastiktüten.

Prof. Dr. Horst Lang, Leiter Qualitätssicherung bei Globus SB-Warenhaus, antwortet auf meine Anfrage an die saarländische Supermarktkette Globus, was sie gegen den anfallenden Verpackungsmüll durch Plastiktüten von Obst, Gemüse und Frischwaren unternehmen: „Globus hat es sich zum Ziel gemacht, den Anteil an Kunststoffmaterial effektiv zu reduzieren. So bieten wir Artikel, bei denen auf eine Verpackung komplett verzichtet werden kann, in loser Form an. In unserer Frischeabteilung bieten wir wiederverwendbare Obst- und Gemüsebeutel aus Polyester an und an unseren Frischetheken haben unsere Kunden die Möglichkeit, sich die Waren in selbst mitgebrachten Boxen abpacken zu lassen.“

Doch Plastik ist nicht das einzige Problem der heutigen Wegwerfgesellschaft. Jährlich landen allein in Deutschland über 18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Abfalleimer. Supermärkte in Italien und Frankreich sind dazu verpflichtet, genießbare Lebensmittel, die aus dem Verkauf genommen werden, kostenfrei an interessierte Menschen oder gemeinnützige Einrichtungen weiterzugeben. In Deutschland gibt es diesbezüglich keine Regelungen: 2012 verurteilte ein Gericht in Düren zwei Personen zu hohen Geldstrafen, nachdem sie Lebensmittel aus Müllcontainern herausgefischt hatten. Der Grund: Abfall ist so lange Eigentum der Supermärkte, bis er von der Müllabfuhr abgeholt wurde.

Davon unbeeindruckt ist Simon Lehmann*. Er isst das, was Supermärkte wegwerfen. Der Saarbrücker stemmt sich gegen die Wegwerfgesellschaft und griff früher häufig in den Müllcontainer. Was ihn zum „containern“ oder „mülltauchen“ getrieben hat, hat er Camäléon in einem Interview erzählt:

ContainernCamäléon: Wie sind Sie zum Containern gekommen?

Simon Lehmann: Tatsächlich kann ich gar nicht genau sagen, was schlussendlich ausschlaggebend dafür war, dass ich mich erstmals auf Nahrungssuche zu Mülltonnen begeben habe. Schon lange beschäftige ich mich mit der Thematik von Lebensmittelproduktion im Kontext von Globalisierung/Kapitalismus. In sogenannten Drittweltländern leiden Menschen Hunger und auf der anderen Seite leben wir in einem wahnsinnigen Überfluss. Das hat mich zum Umdenken bewegt.

Camäléon: Aus welchen Gründen greifen Sie in die Mülltonne?

Simon Lehmann: Täglich sterben tausende Menschen an Hunger und dessen Folgen. Die ‘Food and Agricultural Organization (FAO)’ spricht von ca. 815 Millionen Menschen, die Hunger leiden. Das sind mehr als 10% der Weltbevölkerung!
Gleichzeitig leben wir hier dermaßen im Überfluss, dass zahlreiche Lebensmittel entsorgt werden. Weltweit landen jährlich ca. 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel im Müll. Das ist ca. ein Drittel aller produzierten Lebensmittel! Entgegen dem Glauben vieler Menschen herrscht keine Knappheit an Nahrung. Im Gegenteil: Alle weltweit produzierten Lebensmittel würden problemlos reichen, um die gesamte Weltbevölkerung zu ernähren. Dieser Zustand ist für mich nicht tragbar. So möchte ich einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass intakte Lebensmittel wieder dort landen, wo sie hingehören: Auf den Teller!

Camäléon: Ekelt Sie es nicht, im Müll zu wühlen?

ContainernSimon Lehmann: In der Regel nutze ich zum Containern Einweghandschuhe. So habe ich zu unangenehmen Abfällen keinen direkten Kontakt. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die Abfallbehälter von Supermärkten außer Pappe, Kunststoff und den meist verpackten Lebensmitteln nur wenig Abfälle enthalten. Unangenehme Gerüche, faulendes Obst und Gemüse gibt es natürlich auch. Allerdings entscheidet hier der erste Blick, ob ich in der entsprechenden Tonne überhaupt suche oder die nächste öffne.

Camäléon: Sind die Mülltonnen abgeschlossen?

Simon Lehmann: Noch vor einigen Jahren waren die Mülltonnen vielerorts frei zugänglich. Zwar achte ich immer darauf, alles ordentlich und sauber zu hinterlassen. Trotzdem sieht man natürlich, dass in den Tonnen gewühlt wurde. Das sehen Supermärkte in aller Regel nicht gerne, denn die wollen, dass ich mir den Joghurt aus dem Kühlregal nehme und dafür bezahle, statt mich kostenlos zu bedienen. Das führt leider dazu, dass immer mehr Tonnen weggesperrt werden. Das schränkt die Suche natürlich zunehmend ein.

Camäléon: War Ihnen schon einmal schlecht nach Essen der Lebensmittel?

Simon Lehmann: Nein. Bisher habe ich noch nichts Schlechtes gegessen. Der Großteil unserer Gesellschaft liest das Mindesthaltbarkeitsdatum (welches selbst auf nahezu unverderblichen Lebensmitteln wie zum Beispiel Mineralwasser abgedruckt ist!) und nimmt an, das Produkt sei nach dessen Überschreitung verdorben und müsse entsorgt werden. Tatsächlich sind die Lebensmittel jedoch noch lange darüber hinaus ohne Bedenken genießbar. Viele Produkte können noch Jahre später verzehrt werden. Auch Milchprodukte wie Joghurt, Quark etc. halten sich noch Wochen bis Monate über dieses Datum hinaus. Man sollte sich hier auf die eigenen Sinne verlassen. Ein verdorbenes Lebensmittel erkennt jede und jeder anhand der Optik, des Geruches oder des Geschmacks.

Camäléon: Wie läuft das « Containern » ab?

Simon Lehmann: Im Prinzip unterscheidet sich das Containern nur wenig vom Einkauf im Supermarkt. Lediglich findet das Containern in der Regel außerhalb der Öffnungszeiten statt und es gibt natürlich nicht die Auswahl wie direkt im Markt. Ich packe zunächst einige Taschen, stecke Einweghandschuhe und Taschenlampe ein. Dann mache ich mich auf den Weg zu den Supermärkten, die mir eine bekannte Anlaufstelle sind. Dort stehen die Tonnen und Container dann entweder frei zugänglich oder es muss auch mal ein Zaun überquert werden. Zahlreiche Supermärkte sperren ihre Tonnen allerdings vollständig weg, so dass ein Zugang dort überhaupt nicht möglich ist.

Camäléon: Der Griff in die Mülltonne wird in Deutschland strafrechtlich verfolgt. Wurden Sie schon einmal von der Polizei erwischt?

Simon Lehmann: Vor einigen Jahren war ich in Saarbrücken mit einigen Freunden containern, als plötzlich mehrere Streifenwagen der Polizei um die Ecke kamen. Wie uns dann mitgeteilt wurde, hatte wohl jemand die Polizei alarmiert, der/die davon ausging, es fände ein Einbruch im Supermarkt statt. Nachdem die Beamten sichtlich verblüfft waren, welche Mengen unversehrter Lebensmittel wir dort aus den Tonnen holten, sagten sie uns noch, wir sollen bald zusammenpacken, und fuhren dann wieder. Leider sind solche Reaktionen nicht die Regel, so dass es bereits mehrere Verfahren gegen Menschen gab, die sich am ‘Abfall’ der Supermärkte bedient hatten.

Camäléon: Im Landkreis St. Wendel wird derzeit ein neues Foodsharing-Netzwerk aufgebaut. Können Sie mir darüber etwas erzählen, insbesondere in Bezug auf Ihre Aufgaben?

Simon Lehmann: In St. Wendel gibt es bislang eine noch recht kleine Gruppe, die für Foodsharing aktiv ist. Trotzdem konnten bereits einige Supermärkte in der Gegend vom Konzept überzeugt werden. So finden hier jede Woche Abholungen von Lebensmitteln statt, die sich für den Verkauf aus verschiedenen Gründen nicht mehr eignen. Momentan findet die anschließende Verteilung der Lebensmittel noch im kleinen Kreise privat statt. Geplant ist allerdings, auch hier einen `Fairteiler` einzurichten, wie es ihn beispielsweise auch in Saarbrücken gibt. Dort können Lebensmittel hingebracht werden, die man selbst nicht mehr verwerten kann. Was andere brauchen, können sie sich von dort mitnehmen.

Wer sich für das Foodsharing-Netzwerk interessiert und sich gegebenenfalls auch beteiligen möchte, kann sich hier näher informieren: www.foodsharing.de.

*Nachname von der Redaktion geändert; die Bilder zeigen die „Best Ofs“ aus dem Container.

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